Die deutsche Wirtschaft ist begeistert: Die Steuern sinken, das neue
Einwanderungsgesetz geht mit Schröder und Schily flott über die Bühne.
Gelobt wird das Gesetz als "flexibler Rechtsrahmen zur qualifizierten
Zuwanderung". Endlich können die Firmenchefs ihr Personal auf dem
internationalen Markt einkaufen.
Schöne neue Welt also für die Neue Mitte - und genug Gründe, sie zum
Einsturz zu bringen: Unverändert hart ist die rassistische Gewalt
des Staates. Flüchtlingen und MigrantInnen wird weiterhin das Bleiberecht
und die Arbeitserlaubnis verweigert, das Grenzregime für die Festung
Europa perfektioniert. Weltoffenheit hierzulande heißt eben auch:
Abschiebungen in alle Welt. Warum in Büren demonstrieren? In Büren
steht mit 560 Haftplätzen einer der grössten Abschiebeknäste Westeuropas.
Die Menschen die hier eingesperrt sind, haben kein Verbrechen begangen.
Im Gegenteil, die meisten von ihnen sind vor Bürgerkrieg, Armut, Folter
und Mord aus ihrer Heimat geflohen. Aber seit der faktischen Abschaffung
des Asylrechts von 1993 ist es für Flüchtlinge kaum noch möglich ein
Bleiberecht zu bekommen, und um eine Abschiebung sicherzustellen werden
viele Flüchtlinge in spezielle Abschiebeknäste eingesperrt. Um einen
Menschen in Abschiebehaft zu stecken, reicht allein der "begründete
Verdacht" aus, dass sich dieser seiner Abschiebung entziehen will.
Bis zu 18 Monaten kann dann die Inhaftierung dauern, was keine Seltenheit
ist. Zur "Disziplinierung" von Gefangenen werden Arreststrafen verhängt,
d.h.: bis zu vier Wochen Leben in totaler Isolierung, ohne Radio,
Zeitung, Fernsehen, Bücher, Telefon, ohne Kontakt zu Mithäftlingen.
1994 wurde bekannt, dass Abschiebehäftlinge mit der "Schaukelfesselung"
gefoltert wurden. Am 30.8.99 verbrannte Rachid Sbaai in einer Isolationszelle
des Bürener Knastes. Aus Furcht vor der bevorstehenden Abschiebung
haben sich seit 1993 dutzende Menschen das Leben genommen. Tote, die
die herrschende Abschiebepolitik zu verantworten hat.
Als die Bürener Bevölkerung Anfang der 90er die Wahl zwischen einer
Unterkunft für Flüchtlinge und dem Abschiebeknast hatte, entschied
sie sich mit großer Mehrheit für den Knast. Fernab von jeder Öffentlichkeit,
ausgestattet mit neuester Sicherheitstechnologie und umgeben von einer
6m hohen Betonmauer befindet sich der Knast rund 8 km von Büren entfernt
in einem Waldgebiet. Das war den meisten EinwohnerInnen wohl lieber,
als Flüchtlinge die sich in ihrem schönen Dorf aufhalten.
Büren ist ein Beispiel für den heimlichen und unheimlichen Rassismus
in Deutschland. Abschiebeknäste und andere Formen der Unterdrückung
Abschiebeknäste bilden die Endstation einer rassistischen Politik
gegenüber Flüchtlingen und MigrantInnen. Sie stellen sicher das Menschen
die aus Angst und Not in die BRD geflohen sind, gegen ihren Willen
in Elend, Folter und Tod abgeschoben werden. Neben den Abschiebeknästen
haben die rassistischen Sondergesetze noch eine Vielzahl von anderen
unmenschlichen Praktiken zu bieten. So fallen beispielsweise Menschen
im Asylverfahren unter das Asylbewerberleistungsgesetz. Dieses sieht
vor, Flüchtlingen nur 80% des Sozialhilfesatzes zu gewähren. Viele
Flüchtlinge bekommen zudem anstelle von Bargeld Wertgutscheine mit
denen sie nur in bestimmten Läden zu bestimmten Konditionen einkaufen
können. Andere Flüchtlinge bekommen nur noch zusammengestellte Lebensmittelpakete
bei denen keine Rücksicht auf Ernährungsgewohnheiten oder Allergien
gelegt wird. Eine Behandlung von chronischen Krankheiten schliesst
das Asylbewerberleistungsgesetz aus. Eine weiter Schikane sieht die
sogenannte "Residenzpflicht" vor. Hiernach ist es Flüchtlingen nur
gestattet sich in einem bestimmten Gebiet, beispielsweise dem Landkreis,
frei zu bewegen. Eine Sondergenehmigung kostet Geld und ist immer
von der Willkür der entsprechenden Ausländerbehörde abhängig. Der
Verstoß gegen dieses unglaubliche und europaweit einzigartige Gesetz
kann Geld- und Haftstrafen zur Folge haben. Ein anderes Beispiel für
den alltäglichen Rassismus sind die "verdachtsunabhängigen" Kontrollen
durch BGS und Polizei, mit denen MigrantInnen anhand ihrer Hautfarbe
belästigt und kriminalisiert werden. In Zusammenarbeit mit einer Ermittlungsgruppe
des BKA führen Ausländerbehörden in Bremen, Niedersachsen und NRW
umfangreiche Ermittlungen gegen MigrantInnen, mit dem Ziel diesen
ihr Aufenthaltsrecht abzusprechen.
Aber solange es Repression gibt, gibt es auch selbstorganisierten
Widerstand. So kämpfen in Bremen LibanesInnen mit Unterstützung antirassistischer
Gruppen für ihr Bleiberecht. Auch gab es in den letzten Jahren Revolten
in Abschiebeknästen in Büren und Kassel. Im Juli diesen Jahres gab
es einen Hungerstreik von Flüchtlingen verschiedener Nationalitäten
im Abschiebegefängnis Glasmoor bei Hamburg und in Büren. Im Mai 2001
veranstalteten Flüchtlingsgruppen Aktionstage gegen die Residenzpflicht.
All diese Mechanismen und Gesetze gegen MigrantInnen haben das Ziel,
so wenig Flüchtlinge wie möglich in die BRD zu lassen und die, die
schon drin sind abzuschrecken um sie möglichst schnell wieder loszuwerden.
Dabei verschweigen die Herrschenden natürlich konsequent, dass eine
Vielzahl der Fluchtgründe von ihnen gemacht wird. Munitionslieferungen
an das türkische Regime beispielsweise, oder wirtschaftliche Zusammenarbeit
mit Diktaturen wie dem Iran sorgen dafür, dass Millionen von Menschen
massiv ausgebeutet und unterdrückt werden und oftmals keinen anderen
Ausweg als die Flucht haben. Aber auch fernab dieser Realität ist
es das Recht eines jeden Menschens sich dort aufzuhalten wo er will.
Grenzen sind immer Gebilde von Machthabern. Schaffen wir eine grenzenlose
Gesellschaft ohne Reisepässe und Schlagbäume! Selektion als Prinzip,
jetzt mit Greencard Nicht ohne Grund fordern die Wirtschaftsverbände
am lautesten, dass ein Einwanderungsgesetz verabschiedet wird. Denn
das Bild vom umworbenen Immigranten entspricht den kapitalistischen
Verwertungskriterien haargenau: Etwa 30 Jahre alt soll er sein, männlich,
alleinstehend, englisch-sprachig und mit hervorragender Ausbildung.
Kein Flüchtling, sondern ein gut situierter IT-Spezialist. Und es
wird nicht lange dauern, bis dem 50.000. Greencard-Arbeiter ein feierlicher
Empfang in Berlin bereitet werden kann. Der smarte junge Mann heißt
Koye M., kommt aus Lagos, Nigeria und ist an der besten Informatikerschmiede
seines Landes ausgebildet worden. Für die Fernsehkameras posiert Otto
Schily höchstpersönlich. Er beglückwünscht Koye mit staatsmännischer
Manier, überreicht ihm an Stelle des Mopeds, wie damals für den Millionsten
Gastarbeiter, jetzt ein Laptop, Made in Germany. Koye M. ist ungewiß,
was ihn in Deutschland erwartet. Zuhause hat er öfters von Überfällen
in diesem Land gelesen; davon, dass Schwarze auf der Straße gejagt
und ermordet worden sind, einfach so. Deshalb hat er auch den Vertrag
nicht bei einer Softwarefirma in Jena unterschrieben, sondern in Düsseldorf.
Dort seien die Leute ganz anders als bei der Konkurrenz, hatte ihm
der Personalchef zugeredet: Tolerant und international erfahren. Außerdem
habe sich die Firma am neuen Antirassismus-Programm der Landesregierung
beteiligt: "Fremde sind Freunde. Auch in der IT-Branche".
Nach einem Jahr in Germany hat Koye M. so seine Erfahrungen gemacht,
wie dieser Antirassismus der Deutschen funktioniert. Den Arbeitgeber
hat er gewechselt, weil die deutschen Kollegen stinksauer auf die
zehn neuen Mitarbeiter waren: Mit ihrem niedrigen Gehalt, so der Vorwurf,
setzen sie alle unter Druck und sind Schuld daran, dass die ersten
Deutschen gefeuert worden waren. Kein Wunder, dass sich Koye M. vor
allen mit Landsleuten und anderen MigrantInnen angefreundet hat. Viele
darunter waren über Lagos nach Deutschland geflohen, weil die multinationalen
Ölkonzerne in ihrer Region nicht nur die Umwelt zerstören, sondern
ein Regime von Ausbeutung und Unterdrückung installiert haben. Sie
haben nicht mehr als kurzfristige Duldungen. Ständig den Schikanen
von Polizei und Ämtern ausgesetzt, leben sie von der Hand in den Mund.
Als auch noch eine Freundin von Koye in Abschiebehaft landet, hat
er die Schnauze voll von diesem Land. Sie wurde wegen ihres illegalen
Jobs als Putzfrau angezeigt. Nun ist sie in einer Sechserzelle im
Frauenabschiebeknast Neuss, telefonieren und Besuch bekommen ist fast
unmöglich. Nach drei quälenden Monaten wird sie nach Lagos abgeschoben.
Kurz bevor Koye M. wieder zurückkehrt, bekommt er mit, dass in Berlin
der 100.000. Greencardler gefeiert wird. Auch Schily ist wieder da.
Er fährt hin und will dem Abschiebeminister eigentlich nur das geschenkte
Laptop zurückgeben, aber der Security-Dienst läßt ihn nicht in den
Saal. "Sieh zu, dass Du Land gewinnst" waren die letzten Wort auf
deutsch, und die hat er sich gemerkt.
Gegen den rassistischen Normalzustand aktiv werden kann jede und
jeder.
Zum Beispiel indem mensch sich bei rassistischen Kontrollen dazwischen
stellt oder aktiv bei antirassistischen oder flüchtlingsunterstützenden
Gruppen mitarbeitet. Für die nächsten Monate planen verschiedene Gruppen
die zum Thema Abschiebehaft arbeiten eine bundesweite Kampagne, die
mit vielfältigen Aktionen und Protestformen gefüllt werden soll. Ähnliche
Kampagnen gab und gibt es bereits wie z.B. gegen die Lufthansa als
Abschiebe-Airline oder gegen die Residenzpflicht, die zum Teil ein
großes öffentliches Interesse erhielten. Sorgen wir für eine große
und lautstarke Demonstration, bringen wir die Mauern zum wackeln!
Kein Mensch ist illegal - Bleiberecht überall!
Weg mit den rassistischen Sondergesetzen - Gleiche Rechte für alle!
Grenzen auf!
3. Oktober, 12 Uhr Einfahrt Abschiebeknast Büren
Wegbeschreibung: Ausfahrt Autobahnkreuz A33 / A44 Wünnenberg-Haaren,
500m Richtung Brilon, Abfahrt rechts Richtung Büren, nach 3 Km parken.
Infos und Plakate / Aufrufe unter: www.aha-bueren.de
oder Fon: 05251/690574 Spendenkonto: 116 080 474 bei der Sparkasse
Münster, BLZ 400 501 50
Es rufen auf: Antirassistische und antifaschistische Gruppen